Von Rivisondoli nach San Pietro Avellana

4 - Von Rivisondoli nach San Pietro Avellana

Clck per allargare

Die Wegstrecke, die Rivisondoli von Roccaraso trennt, beträgt kaum ein paar Kilometer. Von Roccaraso steigt die Trift in Richtung Pietransieri auf einer Linienführung an, die vom Satelliten aus noch gut zu sehen ist, der aber wegen der Vegetation schwer zu folgen ist. Deshalb folge ich einer Stecke, die heute die SP84 ist (Nuova Sangrina). Ein wenig vor dem Ort müsste ich aber die Trift kreuzen, die mich in Richtung des Flusses Sangro führt. Wo der Einstieg in die Trift ist, scheint dennoch nicht klar zu sein. Das GPS-Gerät gibt in der Gegend keinen Weg an und die Satellitenbilder aus dem Jahre 2013 sind wegen ihrer geringen Auflösung wenig hilfreich. Ich entscheide mich dafür, bis nach Pietransieri zu gehen und dort nach Hinweisen zu fragen. Zu meiner großen Überraschung ist aber im Dorf die Erinnerung an die Trift verloren gegangen. Die Jungen sind sich noch nicht mal der Tatsache bewusst, dass die Trift hier vorbeiführte, die Älteren erinnern sich nur dunkel, dass man sie kreuzte, bevor man ins Dorf kam. Am Ende traf ich jemanden, der sich erinnerte, der mir aber abriet, mich darauf einzulassen, weil "... es da unten ein Labyrinth von Wegen gibt und es sehr leicht ist, sich zu verirren oder, mit dem Risiko dann umdrehen zu müssen, in Sackgassen zu geraten". Es wird mir geraten, den etwas längeren Fahrweg, der teilweise unter einer Pipeline herführt, herunterzugehen.

Nachdem ich keine Alternative habe, folge ich diesem Rat. Ein paar Kilometer nach dem Dorf finde ich den Einstieg, um herunterzusteigen. Der Weg in mitten der Bäume ist angenehm. Während der Wanderung stoße ich auf Gedenksteine, die daran erinnern, wie auch hier während des zweiten Weltkriegs gekämpft wurde.

Auf der Hälfte des Abstiegs treffe ich auf einen Förster. Ich nutze die Gelegenheit für eine Pause und ein kleines Schwätzchen. Die erste Frage, die er mir stellt ist: "... aber warum sind Sie hier entlang gegangen, anstatt auf der Trift?" Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll!

Ich mache mich wieder auf den Weg. Alles läuft gut, bis plötzlich... eine Sackgasse. Also zurück, versuchen wir eine Abzweigung, an der wir kurz vorher vorbeigekommen sind... noch eine Sackgasse... aber musste das von hier aus nicht einfach sein? Wenn schon nichts anderes, sagt mir mein GPS wenigstens, dass die Richtung richtig ist und so gehe ich weiter. Langsam nähert sich die Talsenke.

Als ich endlich überzeugt bin, es geschafft zu haben, versperrt Stacheldraht den Fahrweg. Oh nein, das gibt's nicht, es ist mittlerweile viel zu spät, um zurück zu gehen. Ich werfe den Rucksack auf die andere Seite und krabble drunter durch. Die Anstrengung wird belohnt und wenig später erscheint der kleine verlassene Bahnhof von Taverna, an der mittlerweile stillgelegten Bahnstrecke Sangritana.

Von da aus erreicht man schnell den Fluss Sangro. Eine Fußgängerbrücke erleichtert das Überqueren: wir verlassen die Abruzzen und sind in Molise. Nachdem ich den Sangro hinter mir gelassen habe, steige ich, einem breiten und bequemen Fahrweg folgend, einen Hügel hoch und, welche Überraschung, treffe ich auf Hinweisschilder zur Trift Celano-Foggia. Es ist das erste Mal, dass dies seit Beginn der Reise passiert, aber es wird nun die Regel. Vor einigen Jahren wurden EU-Mittel bereitgestellt, um die Trift aufzuwerten. Super, denke ich, ab jetzt wird alles leicht!... aber niemals war eine Vorhersage so falsch... doch warten Sie, ich will nichts vorwegnehmen.

Der Anstieg ist für sich genommen nicht anstrengend, aber die Hitze, der fehlende Schatten und ganz besonders die Stechmücken, die keine Ruhe geben, lassen ihn nicht enden wollend erscheinen. Glücklicherweise wird die Mühe durch den Blick auf die Talsohle des Sangro belohnt: spektakulär!

Endlich taucht das Dorf San Pietro Avellana auf, wo ich mich ein wenig ausruhen kann. Auch hier mache ich eine neue Bekanntschaft: der sympathische Pino, der hier Ferien macht. Die Möglichkeit, Leute kennenzulernen und mit ihnen sofort vertraut zu sein, ist das, was man "die Magie des Rucksacks" nennt. Es erstaunt mich immer wieder, zu sehen, wie die Präsenz eines Rucksacks sofort die zwischenmenschlichen Barrieren einreißt.

Wieder zu Kräften gekommen, nehme ich den Weg wieder auf, um in einer kleinen Herberge außerhalb des Ortes zu übernachten. Am Ende des Tages bin ich hundemüde: ich hätte eine Strecke von ca.20 Kilometern laufen müssen, am Ende waren es 27. Die vom GPS-Gerät aufgenommene Strecke, bereinigt um die ins Leere gelaufenen Versuche, beträgt 22 Kilometer. Ich bin 5 Kilometer herumgeirrt, um die richtigen Passagen zu suchen.

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Die Strecke des Tages